Das Tragen meines Kindes - Meine Zweifel und warum ich sie nicht mehr habe

Mein erster Blogeintrag soll über ein Thema sein, was mir besonders am Herzen liegt, weil ich meine Meinung diesbezüglich, durch meine Erfahrungen mit meinem Sohn, sehr geändert habe.

 

Durch meinen Pikler Grundkurs war ich der Meinung, dass Kinder besser auf dem Rücken liegend aufgehoben sind, um sich voll und ganz mit ihrem Körper  auseinander setzen zu können und sich infolge dessen, besser entwickeln können. In der Pikler Pädagogik wird die intensive Zuwendung über die Pflege (Wickeln, An- und Ausziehen, Füttern, Waschen etc.) gegeben und mit Vertrauen in die Fähigkeit sich selbst zu regulieren, spielt das Kind meist auf dem Boden liegend. ich halte immer noch sehr viel von dieser Theorie, trotzdem denke ich, dass auch hier individuell geguckt werden muss, was jedes einzelne Kind braucht.

 

Mein Sohn wollte Nähe und das möglichst immer. Sein Start in dieses Leben war nicht nur einfach, denn nach einem Kaiserschnitt musste ich 3 Tage im Krankenhaus bleiben und er musste mit einer Neugeborenen Infektion in die Kinderklinik. Ich konnte also die ersten Tage nicht immer bei ihm sein, auch wenn der Papa und meine Mutter dies versuchten aufzufangen. Unsere liebe Familien Lotsin Tamara Zacke (ihre Homepage findet ihr in meinen Links), lieh uns eine Trage und ein Tragetuch mit denen wir ihm auch im Alltag Nähe geben konnten, ohne den Haushalt oder anderes zu vernachlässigen. Er genoss es sehr und wir waren alle zufrieden.

 

Durch meine Erzieher Ausbildung kamen nun allerdings schon sehr bald Zweifel… Ich wollte ihn doch nicht an Schlafen auf uns gewöhnen. Ich hatte Angst, er würde gar nicht mehr alleine schlafen und wir müssten ihn dann immer in den Schlaf tragen. Ich möchte euch erzählen, warum ich inzwischen alle Zweifel beiseitegelegt habe und völlig überzeugt bin, dass wir das Richtige tun, indem wir ihn auch jetzt noch häufig in den Schlaf tragen.

 

Ich habe mich in den ersten Monaten viel mit anderen Müttern unterhalten. Sowohl Tragetuch nutzende Eltern, als auch Eltern, die keine Tragehilfen nutzten. Eines hatten alle gemeinsam: sie trugen ihre Kinder. Die einen auf dem Arm, die anderen im Tuch oder in einer anderen geeigneten Tragehilfe. Alle erzählten einheitlich, dass die Kinder manchmal einfach nicht anders einschliefen. Diese Erfahrung machte ich in dieser Zeit auch. Selbst, wenn ich versuchte, meinen Sohn nicht in die Tragehilfe zu tun, musste ich mit ihm in der Wohnung auf und ab laufen, um ihn zum Schlafen zu bringen. Wir gingen schnell wieder dazu über lieber das Tragetuch zu benutzen, denn auf dem Arm wurde auch ein 3 Monate altes Baby schnell schwer. Unser Sohn liebte das Tragetuch und lacht bis heute, wenn er sieht, dass er hinein darf. Die Vorteile, die es für mich sind möchte ich euch aufzählen.

 

1.   1. Unser Sohn schlief meistens ein ohne zu weinen. Natürlich gab es Ausnahmen, aber diese waren nicht häufig.

 

Dieser Punkt ist mit einer der wichtigsten für mich, nicht nur als Mutter, auch aus fachlicher Sicht. Kinder kommen mit einem Urvertrauen auf die Welt. Sie vertrauen auf uns als Eltern, dass wir sie beschützen, für sie da sind und ihnen Sicherheit in dieser, für sie so neuen, Welt geben. Wenn wir unsere Kinder allein lassen, sie schreiend in den Schlaf finden müssen, verlieren sie dieses Vertrauen in uns und die Welt. Sie hören zwar irgendwann auf zu weinen und auch diese Kinder schlafen irgendwann ein, allerdings aus Resignation. Sie fühlen sich verlassen und flüchten in die Traumwelt. Das Argument, dass sie nach einiger Zeit doch gar nicht mehr weinen, stimmt, aber sie haben dann aufgegeben. Dieser Gedanke macht mich sehr traurig. Bei unserem Sohn haben wir dieses Vertrauen gespürt. Hat er viel im Tragetuch geschlafen, hatte er mehr Mut alles zu entdecken, neue Menschen kennen zu lernen und ist auch freiwillig von uns weg gekrabbelt (als er soweit war). Wenn er weniger im Tuch gewesen war, brauchte er uns viel mehr.

 

2.   2. Der zweite Aspekt, der für das Tragen im Tuch oder einer Tragehilfe spricht, sind die freien Hände. Die Männer sind nicht ewig Zuhause. Sie gehen irgendwann wieder arbeiten und wir Frauen sind auf uns allein gestellt. Wie oft kommt man mit einem Neugeborenen kaum dazu, selbst etwas zu essen, geschweige denn, den Haushalt zu schmeißen. Wenn noch größere Kinder im Haus sind, muss man für die auch noch da sein. Das alles geht einfacher, wenn unser jüngstes Kind im Tuch schläft und wir beide Hände frei haben, wofür auch immer.

 

3.   3. Der dritte sehr wichtige Aspekt für das Tragen ist für mich der Bindungsaufbau. Immer wenn der Papa unseren Sohn getragen hat, war die Beziehung hinterher noch inniger. Durch das Stillen vertiefen die Mamas die Bindung sehr. Das Tragen gibt auch den Papas die Möglichkeit eine starke Bindung zu aufzubauen.

 

 

 

Die Körperliche Entwicklung wird meines Erachtens nicht beeinträchtigt durch das Tragen. Das Kind erlebt Mamas oder Papas Nähe, beobachtet ihre/seine Bewegungen und Abläufe und lernt dabei. Für mich selbst ist eine gesunde Mischung wichtig. Hat das Kind die Möglichkeit, sich selbst auszuprobieren, dann spricht nichts gegen das Tragen. Außerdem beweist mir mein Sohn jeden Tag aufs Neue, dass viel getragen werden, nicht zu einer langsameren Entwicklung führt, denn er macht mit seinen gerade 9 Monaten bereits seine ersten freien Schritte nachdem er schon eine geraume Zeit krabbelt.

 

Sehr  wichtig finde ich aber die Auswahl einer Tragehilfe oder eines Tuchs. Nicht jede Person kommt mit demselben Tragetuch oder der gleichen Tragehilfe zurecht. Und auch nicht jedes Kind mag in der gleichen Tragehilfe getragen werden. Eine Trageberatung ist auf jeden Fall sinnvoll, um das Richtige für euch und eure Kinder zu finden. Und auch beim binden lernen, hilft es, eine Person dabei zu haben, anstatt nur Videos oder Bilderklärungen zu folgen.

 

 

 

Für mich ist Tragen inzwischen Nähe genießen, Bindung stärken und für mein Kind da sein, ohne völlig eingeschränkt zu sein. Nie wieder würde ich auf mein Tragetuch verzichten. Ich kann nur jedem raten, es auszuprobieren und nicht gleich aufzugeben, wenn das Binden zu Beginn nicht klappt. Auch wir waren die ersten Male nass geschwitzt nach dem Binden, aber die Mühe lohnt sich :-) 

 

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