Die Gefühle unserer Kinder, unsere eigenen und unser Umgang mit ihnen

Schon oft ist mir dieses Thema durch den Kopf gegangen, denn auf meiner Arbeit in der Krippe habe ich sehr unterschiedliche Umgänge mit Gefühlen erleben dürfen. Verschiedene Formulierungen haben mich nachdenklich gemacht und ich habe mir überlegt, wie ich mir wünschen würde, dass man mit mir und meinen Gefühlen umgeht. Ich denke der Umgang mit Gefühlen ist oft davon abhängig wie wir es in unserer Kindheit erlebt haben. Ich möchte daher vorne anfangen und zwar bei den kleinsten Mitbürgern… unseren Neugeborenen.

 

Wenn diese kleinen Wunder in unseren Armen liegen, sind wir meist völlig verzaubert und tun alles dafür, dass es ihnen gut geht. Wir stehen nachts auf, wir laufen Nachts durch die Wohnung, damit unsere Zwerge schlafen können, wir lassen sie die ganze Nacht an uns nuckeln oder machen ihnen 4-5 mal Nachts eine neue Flasche. Wir lieben sie bedingungslos und stellen nicht in Frage, dass etwas wirklich nicht stimmt, wenn sie weinen.

 

Werden die Zwerge älter und fangen an sich selbst zu erkunden und ihr nächstes Umfeld, höre ich schon manchmal den Satz: „war nicht schlimm“. Auch ich erwischte mich dabei und ärgerte mich im Nachhinein, denn konnte ich wirklich beurteilen, ob es schlimm war? NEIN, niemand kann das! Das ist meine heutige Meinung und ich versuche sie bei mir selbst und in meiner Familie durchzusetzen, für meinen Zwerg. Wir urteilen mit unserem eigenen empfinden und versuchen uns nicht in unsere kleinen hinein zu versetzen. Wir wissen nicht, ob sie vielleicht einfach weinen, weil sie frustriert sind, weil etwas nicht so klappt, wie sie es sich wünschen, oder ob sie sich vielleicht doch weh getan haben. Das Schmerzempfinden eines jeden Menschen ist doch unterschiedlich, wie können wir uns da rausnehmen, für andere zu entscheiden, ob etwas schlimm war oder nicht?! Für mich ein no-go und ich kann manchmal auch bei anderen Familien nicht an mich halten und erwische mich dabei, wie ich sage: „weißt du doch gar nicht, ob es schlimm war“.

 

Werden die Kinder dann noch größer habe ich oft gehört, dass Eltern sagen: „ach reiß dich doch zusammen“ oder ähnliches. Solche Sätze finde ich inzwischen fast untragbar. Ich weise Menschen in meinem Umfeld definitiv darauf hin und erkläre, warum ich solche Formulierungen schwierig finde. Überlegt mal ihr hattet einen doofen Tag auf der Arbeit, auf dem nach Hause Weg werdet ihr geblitzt und dann stolpert ihr auf der Treppe in die Wohnung und haut euch einen Zeh an. Ihr seid sichtlich genervt und der Schmerz des Zehs ist die Spitze des Eisbergs und ihr müsst ein paar Tränen lassen. Euer Partner kommt und sagt sowas wie: „ach stell dich doch nicht so an, war doch nur dein Zeh“. Ich persönlich würde in diesem Moment in die Luft gehen, denn mein Partner weiß nicht, was mir an diesem Tag schon alles passiert ist. So ähnlich empfinde ich es bei unseren Zwergen. Wir wissen nicht, was in ihrem Kopf los ist oder in ihren Herzen. Ob sie gerade traurig sind oder frustriert und es ist nicht unser Recht zu entscheiden, wann sie traurig sein dürfen und wann nicht.

 

Ich empfinde es für unglaublich wichtig, dass wir unseren Kindern zeigen und beibringen, dass jedes Gefühl das Recht auf Existenz hat. Jedes Gefühl darf da sein und darf gefühlt und auch gezeigt werden. Sowohl als Kind als auch als Erwachsener ist es wichtig, dass wir Gefühle nicht verdrängen, sondern sie wahrnehmen und annehmen. Nur wenn wir und eingestehen, dass wir gerade traurig sind, können wir wieder fröhlich werden und das traurige hinter uns lassen. Verdrängtes ist nur beiseitegeschoben und taucht irgendwann wieder auf.

 

Ich möchte mein Kind stärken in seinen Gefühlen und ihm ein authentisches Vorbild sein. Er darf wissen, dass auch ich manchmal traurig oder wütend bin, aber dass so etwas vorbei geht. Er darf wissen, dass auch Mama und Papa mal Streit haben und sich trotzdem hinterher wieder vertragen. Wie soll er streiten lernen, wenn er es nie miterlebt. Wie soll er lernen was traurig sein bedeutet, wenn man ihn nie traurig sein lässt. Unser Sohn darf weinen… wir begleiten ihn darin und trösten, wir sagen ihm aber nicht, dass er aufhören soll. Er wird aufhören, wenn es für ihn an der Zeit ist.

 

Also lasst eure Kinder Gefühle zeigen, lasst sie eure Gefühle wahrnehmen, benennt eure Gefühle und die eurer Kinder, wenn ihr sie wahrnehmt und redet sie ihnen nicht aus, es wird ihnen helfen, um später im Leben allein mit ihren Gefühlen klar zu kommen.

 

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